Seit Jeremias Gotthelfs Roman Leiden und Freuden eines Schulmeisters (1838-39) hat sich die Welt der Schule (nicht nur im Emmental) gründlich verändert. Ungeheizte Schulhäuser, Klassen mit über 100 Kindern, täglicher Drill, fehlende Lehrpläne und schlecht oder nicht ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer gehören definitiv der Vergangenheit an. In die Ausbildung der Lehrperson wird heute viel investiert, an Lehrplänen und Lehrplanreformen mangelt es nicht, die Zahl der Schülerinnen und Schüler pro Klasse ist überschaubar und mit militärischem Drill hat das zeitgenössische Lehren und Lernen kaum noch etwas zu tun.

Alles ist also besser als früher: Gut ausgebildete, in jeder Hinsicht kompetente und engagierte Lehrerinnen und Lehrer, die von der loyalen Elternschaft stets unterstützt werden, stehen vor so interessierten wie motivierten Kindern und Jugendlichen, die sich mit Hilfe digitaler Technologien weitgehend individuell, selbstgesteuert und in optimal arrangierten Lernumwelten bilden können. Lehren ist nun nicht mehr Instruktion, sondern Begleitung von höchstpersönlichen Bildungsprozessen, welche Erleichterung für die Lehrperson!

Doch wie immer klaffen pädagogische Slogans und die Wirklichkeit der Schule und des Unterrichts auseinander. In der Themenkonferenz soll den hellen und weniger leuchtenden Seiten dieser Wirklichkeit nachgegangen und gefragt werden, worin die neuen Leiden und Freuden des Lehrberufs bestehen und welche alten Leiden und Freuden vielleicht immer noch vorhanden sind.

Text Roland Reichenbach